Angehörigengruppe – ein altes neues Angebot
Die Arbeit mit Angehörigen hat eine lange Tradition im Dialog. Neben der Einzelberatung und –betreuung wurden im Laufe der Jahrzehnte auch spezielle Gruppen angeboten. So gab es ein eigenes Angebot für Partnerinnen von Suchtkranken und viele Jahre im Standort Individuelle Suchthilfe Nord (ISN) eine allgemeine offene Angehörigengruppe, in der vor allem der Austausch im Zentrum stand. Nachdem die langjährige Leiterin dieser Gruppe in Pension gegangen war, wurde das Konzept überarbeitet. Seit mehr als einem Jahr erstrahlt die Angehörigengruppe nunmehr in neuem Glanz.
Die Gruppe steht Angehörigen von Suchtmittelabhängigen offen, wobei das (Verwandtschafts-)Verhältnis und die Substanz differieren können. Es gibt jedoch zwei Einschränkungen: Auf Grund der besonderen Situation von jugendlichen Konsumierenden erachten wir für diese Angehörigen die Einzelbetreuung für sinnvoller. Auch wenn ein reiner Cannabis-Konsum im Zentrum steht, halten wir die Teilnahme an der Gruppe für nicht förderlich. Am Beginn steht ein Abklärungsgespräch mit einer der Gruppenleiter_innen.
Es handelt sich um ein offenes Angebot, das heißt, eine regelmäßige Teilnahme ist nicht nötig. Tatsächlich gibt es einen „harten Kern“ an Teilnehmenden, andere kommen zu einzelnen Terminen, manche bleiben nach dem ersten Mal fern. Die Gruppe findet einmal im Monat am frühen Abend statt, inzwischen können wir jedes Mal mit fünf bis sechs Teilnehmer_innen rechnen.
Eine Änderung gab es jedoch am Konzept: Aus den Einzelberatungen wissen wir, dass vielen Angehörigen grundlegendes Wissen fehlt, das den Umgang mit einer suchtkranken Person erleichtert. So bestehen etwa Mythen zu Substanzen und zu unterschiedlichen Behandlungsformen. Deshalb versuchen wir, die eineinhalbstündigen Einheiten zweizuteilen: Zu Beginn steht nach wie vor der Austausch: Neue Teilnehmer_innen stellen sich vor, die anderen erzählen über aktuelle Entwicklungen, zu denen alle Anmerkungen und Empfehlungen geben können. Danach wird ein Thema von einer Liste bearbeitet, die von den Gruppenmitgliedern erstellt wurde und die laufend ergänzt wird. Das können zum Beispiel Informationen und Erfahrungen mit der Substitution sein, die Ursachen von Sucht oder das Thema Abgrenzung. Auch hier wird der persönliche Bezug hergestellt und es kommt zu vielen Aha-Erlebnissen. Die Möglichkeit, Fragen zu stellen, wird weidlich genützt. Zwar ist es nicht immer leicht und manchmal nicht möglich, die Struktur konsequent einzuhalten, etwa wenn gravierende Ereignisse mehr Raum beim Austausch beanspruchen, letztendlich jedoch hat sich das Format bewährt.
Auch für die Gruppenleiter_innen ist diese Kombination neu und herausfordernd. Mit dem neuen Konzept hat sich auch der Veranstaltungsort verändert: Die Termine finden nunmehr im erste Bezirk in der Hegelgasse statt, die Gruppe wird von einer Mitarbeiterin aus der ISN gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Suchtprävention und Früherkennung geleitet. Dadurch fließen unterschiedliche Praxiserfahrungen ein, die sich gut ergänzen.
Das Angebot wird insgesamt gut angenommen, das Interesse ist relativ groß. Doch nicht nur Kolleg_innen vermitteln Angehörige, die sie zum Teil betreuen, auch Kooperationspartner_innen und externe Stellen sind auf das Angebot aufmerksam geworden. Einige Angehörige melden sich mit dem expliziten Wunsch nach einer Teilnahme an der Gruppe. Nicht alle „landen“, anderen empfehlen wir vorab Einzeltermine. Jedenfalls jedoch erreichen wir Menschen mit einem hohen Leidensdruck und können neben der Einzelberatung ein attraktives Angebot setzen.