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Früherkennung in der Schule – Wann ist ein Verdacht des Substanzmissbrauchs von Schüler_innen begründet?

Ein Großteil des Präventionsangebotes des Dialog im schulischen Kontext erreicht Schulen unabhängig davon, ob es einen konkreten Anlassfall, wie z.B. einen „Drogenfund“ oder eskalierendes Smartphone-Nutzungsverhalten, gegeben hat. 

Allerdings sehen wir es im Rahmen der „Früherkennung“ auch als unseren Auftrag, Schüler_innen, Lehrer_innen und Erziehungspersonen bestmöglich zu unterstützen, wenn es zu Auffälligkeiten in Bezug auf Substanzkonsum oder Internetnutzung im Schulkontext kommt.

Für Schüler_innen bietet das österreichische Suchtmittelgesetz glücklicherweise in §13 SMG einen gesetzlichen Rahmen für den Umgang mit dem Missbrauch illegalisierter Substanzen. Das Gesetz greift dann, wenn an einer Schule „auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen [ist], daß ein Schüler Suchtgift mißbraucht“[1]. In einem solchen Fall gibt §13 SMG einen für die Schule verbindlichen Ablauf vor, der sich an dem Prinzip „Helfen statt Strafen“ orientiert. Bei begründetem Verdacht des Missbrauchs illegalisierter Substanzen sollen Schüler_innen dem Gesetz nach zu einer Abklärung an Facheinrichtungen wie den Dialog weitergeleitet werden. Dabei soll explizit vermieden werden, dass es zu einer Anzeige, zu einem Schulverweis oder zu Diskriminierung kommt[2]. Alles in allem eine gute Sache!

Was ist nun aber ein begründeter Verdacht im Sinne des §13 SMG? Die Antwort ist wie bei vielen Rechtsfragen: Auslegungssache. In einem einschlägigen Rechtskommentar lässt sich dazu nachlesen, dass ein vager Verdacht oder bloße Vermutungen aufgrund eigener oder fremder Wahrnehmungen jedenfalls nicht ausreichen. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte gegeben sein und die Verdachtslage sich verdichten[3].

Kann eine Schuldirektion Schüler_innen nun also bei häufig auftretenden roten Augen im Unterricht an eine Facheinrichtung weiterleiten? Nein. Gleiches gilt, wenn beispielsweise eine Mutter einer Lehrperson erzählt, die Tochter habe erzählt, eine Klassenkameradin konsumiere Ecstasy. Obwohl §13 SMG die Unterstützung der Jugendlichen in den Vordergrund stellt, sollen Schüler_innen nicht leichtfertig des Missbrauchs illegaler Substanzen verdächtigt werden, da ein solcher Verdacht in der Regel eine große Stresssituation für sie bedeutet. In diesen oder ähnlichen Fällen ist es Lehrpersonen dennoch zu empfehlen, die Auffälligkeiten zu dokumentieren und in weiterer Folge darauf zu achten, ob weitere Verdachtsmomente bei der Schüler_in hinzukommen. 

Anders sieht es in dem beispielhaften Fall aus, dass eine Schüler_in vor dem Eingang zur Schule beim Kiffen von einer Lehrperson gesehen wird. In diesem Fall wäre der Verdacht unzweifelhaft begründet und das unabhängig davon, ob die/der Schüler_in sich schon auf dem Schulgelände aufgehalten hat oder noch davor. Das Umfeld der Schule ist von §13 SMG mitumfasst.

Unsere Arbeit mit Schulen zeigt in Bezug auf §13 SMG, dass es in der Realität weitaus weniger klar zu beurteilende Fallkonstellationen geben kann. Wenden Sie sich daher bei weiteren Fragen zum §13 SMG,  z.B. zum gesetzlich vorgegebenen Ablauf im Anlassfall oder zum Vorgehen, wenn Schüler*innen oder Eltern die Mitwirkung verweigern, gerne an uns. Natürlich stehen wir Ihnen auch bei sonstigen Fragen rund um das Thema Sucht, Substanzkonsum oder problematische Internetnutzung gerne als Team der Suchtprävention und Früherkennung des Dialog zu Verfügung.

 

[1] §13 Absatz 1 Suchtmittelgesetz

[2]https://sdw.wien/information/downloadbereich/handlungsleitfaden_paragraph-13-smg

[3] Hinterhofer, H., & Rosbaud, C. (2006). Kommentar zum Suchtmittelgesetz. Springer.