Menschen mit Behinderung
Eine Zielgruppe der Suchtprävention- und Früherkennung
Menschen mit Behinderung erfahren im Alltag zahlreiche Einschränkungen und eben: Behinderungen. Als Einrichtung mit dem Titel Individuelle Suchthilfe fühlen wir uns auch dafür verantwortlich, Zugänge und Angebote so zu gestalten, dass sie allen nutzbar sind. Konkret haben wir uns in den letzten Jahren mit dem Thema Barrierefreiheit beschäftigt. Dies betrifft – soweit möglich - die Räumlichkeiten, unsere Homepage, aber auch die Verwendung einfacher Sprache bei wichtigen Dokumenten. Über die Zusammenarbeit mit dem Institut für Suchtprävention der Sucht- und Drogenkoordination Wien (ISP) haben wir nun einen neuen Zugang zu dieser Zielgruppe und deren Betreuer_innen geschaffen.
Auf Basis des Praxisbuches zum Thema, das vom ISP in Kooperation mit dem Dachverband und der Behindertenhilfe erstellt wurde, bietet die Suchtprävention und Früherkennung seit zwei Jahren das Seminar „Sucht – Behinderung – Selbstbestimmung“ für Betreuer_innen an, in dem Informationen, aber auch Methoden in der Präventionsarbeit vermittelt werden. Zusätzlich wurde das Design für einen Informationsnachmittag für Menschen mit Behinderung erarbeitet. Nunmehr können wir erste Erfahrungen berichten.
Dieses Angebot wird von den Teilnehmer_innen sehr gut angenommen. Inzwischen konnten wir es mit unterschiedlichen Gruppen umsetzen: Menschen mit psychischen Erkrankungen, kognitiven Beeinträchtigungen oder Autismus. Allen gemein ist das große Interesse für das Thema. So steht meistens das Beantworten von Fragen im Vordergrund, aber auch das Erarbeiten der Inhalte passiert interaktiv. Sehr häufig kreisen die Themen um Nikotin, Medikamente und Internet, doch werden, wie in allen anderen Veranstaltungen auch, immer wieder Fragen zu anderen Substanzen und Verhaltenssüchten gestellt. Wichtig ist, wie sich gezeigt hat, das Setting: Wie viele Pausen sind notwendig, wie kann man den Raum so gestalten, dass gearbeitet werden kann, welche Freiräume sind für die Teilnehmer_innen notwendig? Hier lernen auch wir viel und können unsere Kompetenzen in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung erweitern.
Das ist wichtig, weil der Zugang zur Behandlung zwar prinzipiell niedrigschwellig ist, dennoch aber Unsicherheit dann besteht, wenn sich Menschen, die „anders ticken“, an uns wenden. Hier bietet das Praxisbuch auch der Suchthilfe Unterstützung. So können Bilderkarten die Kommunikation im Betreuungsgespräch erleichtern oder Skalierungsübungen die Einschätzungen des Konsums oder der Problemlagen wiedergeben.
Wir sind froh, dass das Thema Sucht auch in der Behindertenhilfe ernst genommen wird – und dass die Suchthilfe sich ihrerseits mit dieser Klient_innengruppe auseinandersetzt. Es wird noch einige gemeinsame Bemühungen brauchen, um das Thema gut zu etablieren und gegenseitige Vorurteile abzubauen. Doch das Ziel ist dasselbe: Menschen mit Behinderung werden behindert – und das sollten wir bestmöglich ändern.
