Hinschauen - handeln - unterstützen. Rechtliche Unterschiede im Umgang bei Sucht am Arbeitsplatz in der Ausbildung von Minder- und Volljährigen.
Das Feierabendbier gehört hierzulande vielerorts zum guten Ton der Kollegialität, andernorts gilt auch ein Joint nach getaner Arbeit nicht mehr als frivol. Während das Erreichen der Volljährigkeit in Österreich im Hinblick auf den Alkoholkonsum wohlbekannte Unterschiede macht – gebrannter Alkohol ist erst ab 18 Jahren verkäuflich, während Bier und (Schaum-)Wein schon ab 16 Jahren gekauft werden dürfen -, gestaltet sich auch die rechtliche Situation betreffend des Konsums illegaler Drogen je nach Alter der Konsument:innen anders. Worin genau liegen die rechtlichen Unterschiede in den Pflichten von Ausbildner_innen und Lehrer_innen bei minder- und volljährigen Lehrlingen und Schüler_innen?
Grundsätzlich gibt es Rechte und Pflichten sowohl aufseiten der Arbeitnehmer_innen als auch der Arbeitgeber_innen: Allen voran das Nüchternheitsgebot (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz §15 (4)) und die Fürsorgepflicht (§3). Im Ernstfall kann dies für Vorgesetzte heißen, für ein sicheres Heimkommen von berauschten Arbeitnehmer:innen sorgen zu müssen. Bei Minderjährigen hat dies in Absprache mit den Erziehungsberechtigten zu geschehen; bei Volljährigen liegt die Verantwortung bei der betroffenen Person. Nicht immer ist es aber der akute Rausch, der am Arbeitsplatz auffällig wird:
Auch Suchterkrankungen können sich im Arbeitsalltag bemerkbar machen. In diesem Fall ist es zum Wohle des Lehrlings wichtig, auffälliges Verhalten ernst zu nehmen und auch zu thematisieren: hinschauen – handeln - unterstützen. Gemäß §9 (4) Berufsausbildungsgesetz besteht im Fall eines erhärteten Verdachts auf eine Suchterkrankung bei Minderjährigen eine Verständigungspflicht gegenüber Erziehungsberechtigten. Diese bezieht sich nur auf „wichtige Vorkommnisse, die die Ausbildung eines minderjährigen Lehrlings betreffen“ und schließt somit Freizeitkonsum nur ein, wenn Sicherheit, Arbeitsfähigkeit und Arbeitsleistung der Lehrlinge erheblich gefährdet werden. Im Umkehrschluss heißt das, dass bei volljährigen Lehrlingen die Erziehungsberechtigten nur mit Einverständnis des Lehrlings beigezogen werden können. Dies sollte gegebenenfalls im Vorfeld geklärt und (schriftlich) festgelegt werden.
In der (Berufs-)Schule greift bei Erhärtung des Verdachts auf Konsum illegaler Substanzen der Paragraf §13: Bestätigt eine schulärztliche Untersuchung den Verdacht, erfolgt eine Zuweisung zu Suchtberatungseinrichtungen wie Dialog. Auch hier sind bei Minderjährigen die Erziehungsberechtigten so früh wie möglich über den Beginn des Verfahrens zu informieren. Auch in Lehrlingsheimen, die keine organisatorische Einheit mit der Berufsschule darstellen, werden bei Minderjährigkeit die Erziehungsberechtigten verständigt (Erziehungspflicht §144 ABGB, §11 (1) SMG). Sind diese bereit, Unterstützung anzunehmen, wird über eine Mitteilung an die jeweilige Berufsschule ein Verfahren laut §13 in die Wege geleitet. Anders sieht es bei volljährigen Lehrlingen aus: Hier kann eine Meldung an die Gesundheitsbehörde (§12 SMG) erfolgen.
Generell ist die reine Weitergabe von illegalen Substanzen nicht durch §13 gedeckt, wie auch nicht die legalen Substanzen Nikotin und Alkohol. Ersteres wird am Schulgelände durch das Nichtraucher_innenschutzgesetz (TNRSG, §12 (1)) absolut verboten, zweiteres durch das Schulunterrichtsgesetz §9 (1,2). Konkrete Handlungsanweisungen für den Anlassfall eines Alkoholrausches bei Schüler_innen müssen laut §44 (1) des Schulunterrichtsgesetzes durch die Hausordnung festgelegt werden. Die betroffene Person wird nach Hause geschickt und bei Minderjährigkeit die Erziehungsberechtigten informiert; bei Wiederholung sind schulpsychologische und schulärztliche Untersuchungen anzudenken.
Situationen wie die oben beschriebenen erfordern auf allen Seiten Mut und Bedachtsamkeit. Schulungen und Fortbildungen wie jene bei Dialog können Ausbildner_innen und Lehrer_innen in ihren Kenntnissen und Umgangsweisen mit solchen Situationen festigen, Workshops Lehrlinge in ihrer Gesundheit stärken, sensibilisieren und auf entsprechende Unterstützungsangebote aufmerksam machen. Angehörigenberatungen entlasten besorgte Eltern und statten sie mit den nötigen Handlungskompetenzen aus, um ihnen Halt in unsicheren Zeiten geben.